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Artikel der NZZ vom 9. April 2003

Ein neues jüdisches Quartier in Ostjerusalem

Politisches Projekt eines amerikanischen Millionärs

gsz. Jerusalem, 8. April

Anfang dieser Woche ist ein neues jüdisches Quartier in Ostjerusalem von israelischen Familien in Besitz genommen worden. Die Überbauung wurde von einem amerikanischen Millionär finanziert, der seine politischen Überzeugungen in Bezug auf Jerusalem mittels Bauprojekten zum Ausdruck bringt. Durch strategisch placierte Überbauungen im Ostteil Jerusalems solle eine mögliche spätere Teilung der Heiligen Stadt - laut vielen Beobachtern ein entscheidender Punkt zur Lösung des Nahostkonflikts - zum Vornherein verunmöglicht werden.

Ungleiche Ellen

Schon beim Kauf des Grundstücks vor zwölf Jahren durch den in Florida lebenden amerikanischen Millionär Irving Moskowitz waren schwere Unruhen und Demonstrationen der arabischen Anwohner ausgebrochen. Das Grundstück auf dem Südhang des Ölbergs befindet sich seit etwa 130 Jahren in jüdischem Besitz. Es wurde im späten neunzehnten Jahrhundert von jüdischen Philanthropen mit dem Ziel erworben, an der Stelle eine jüdische Schule einzurichten. Später wurde das Grundstück an die Schule überschrieben. 1984 bestätigte das israelische Oberste Gericht die Besitzverhältnisse. Moskowitz erwarb das Grundstück im Jahre 1990 rechtmässig von den damaligen Eigentümern.

Die Wohnsiedlung liegt am Rande des arabischen Quartiers Ras al-Amud. Bis jetzt sind 35 Familien in die 51 fertig gestellten Wohnungen eingezogen. Weitere 68 Wohnungen befinden sich noch im Planungsstadium. Die Enklave ist von einer Mauer umgeben, und die Zugänge werden Tag und Nacht von bewaffneten Sicherheitsleuten bewacht. Am vergangenen Wochenende organisierte die Friedensbewegung Peace Now eine Manifestation gegen die Besiedlung des neuen Wohnquartiers. Linke Israeli bezeichnen den Einzug israelischer Bürger in das vollständig von Arabern bewohnte Quartier als Provokation.

Französische und amerikanische Generalkonsuln versuchten daraufhin den interimistischen Bürgermeister von Jerusalem, Uri Lupoliansky - der bisherige Stadtpräsident Ehud Olmert musste sein Amt mit der Einsitznahme in der Knesset und der Regierung aufgeben -, dazu zu bewegen, den Einzug israelischer Familien in die Wohnungen zu verhindern. Lupoliansky erwiderte jedoch, dass keine Möglichkeit bestehe, den Familien die Besitznahme der Wohnungen zu verweigern, da die rechtlichen Verhältnisse in Ordnung seien.

Zur gleichen Zeit, da die Familien in das neue Quartier einzogen, wurden in dem unweit gelegenen arabischen Dorf Issawiya, das sich innerhalb der Stadtgrenzen von Jerusalem befindet, vier Häuser auf richterliches Geheiss niedergerissen, da sie ohne Baubewilligungen erstellt worden seien. Arabische Bewohner der Stadt behaupten, dass ihre Baugesuche von den Behörden routinemässig abgelehnt oder auf die lange Bank geschoben würden, so dass sie zu unbewilligten Bauarbeiten Zuflucht nehmen müssten. Gleichzeitig würden provokative Projekte, wie dasjenige von Moskowitz, mühelos bewilligt.

Neue Zürcher Zeitung, 9.4.2003, International, Nr.  , S.6

 

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