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  Artikel der NZZ vom 30. November 2002  

Israels Ministerpräsident dominiert den Likud
Netanyahu klarer Verlierer der Primärwahl

Israels Ministerpräsident Sharon ist bei der innerparteilichen Ausmarchung als Führer des Likud bestätigt worden. Dem Likud werden Chancen eingeräumt, die Parlamentswahlen zu gewinnen. Allerdings scheint Israels Bevölkerung gegenüber den Palästinensern kompromissbereiter zu sein, als es das prognostizierte Wahlverhalten nahelegt.

gsz. Jerusalem, 29. November

Der israelische Ministerpräsident Sharon ist, wie bereits kurz gemeldet, von den Mitgliedern des Likud als Parteichef bestätigt worden. 56 Prozent der Wählenden entschieden sich für Sharon und bloss 40 Prozent für dessen Herausforderer Netanyahu. Weniger als 4 Prozent der Stimmen gingen an einen Kandidaten der Ultrarechten. Als Sharon in der Nacht auf den Freitag in Begleitung Netanyahus im Parteihauptquartier eintraf, war die Stimmung sehr gedämpft. Der Schrecken über die Terrorattacken in Bet Shean, auf das Touristenhotel in Kenya und auf das Flugzeug der israelischen Chartergesellschaft Arkia sass allen Anwesenden noch in den Knochen. In seiner Siegesrede bezeichnete Sharon die Terrorakte als Versuche, die demokratischen Wahlen in Israel zu beeinflussen. Er rief das Ausland auf, Israel nicht nur zu kondolieren, wenn dieses seine Toten begrabe, sondern es im Kampf gegen den Terror auch zu unterstützen.
Auftrieb für die Religiösen und die Rechte

In zehn Tagen wird der Likud Primärwahlen durchführen, bei denen die 300 000 Parteimitglieder aufgerufen sind, die Kandidaten für die Knessetwahlen am 28. Januar zu bestimmen. Nach Sharons Prognose wird der Likud die Parlamentswahlen klar gewinnen. Eine von der Zeitung «Haaretz» in Auftrag gegebene Meinungsumfrage bestätigt Sharons Prognose. Danach kann der Likud mit 41 Sitzen in der Knesset rechnen. Zurzeit hat er 19 Mandate. Der Arbeitspartei werden 20 Sitze in Aussicht gestellt, ein Verlust von 6 Mandaten, und die linke Meretz dürfte von 10 auf 7 Sitze zurückfallen.

Nach der Umfrage wird sich die Sitzzahl der orthodoxen Shas von 17 auf 8 reduzieren, diejenige der antiorthodoxen Shinui dagegen von 6 auf 13 mehr als verdoppeln. Damit könnte Shinui zur drittstärksten Partei im Land werden. Unter diesen Umständen könnte Sharons Likud zusammen mit der Shas, der ultrarechten Nationalen Union, den Nationalreligiösen und einer weiteren orthodoxen Partei ohne Schwierigkeiten eine starke Koalition mit 64 Abgeordneten bilden.
Für Mitznas Vorschlag eines Rückzugs

Allerdings würde es Sharon schwer fallen, eine einseitig rechtsorientierte Politik durchzusetzen. 61 Prozent der Befragten befürworteten nämlich in der gleichen Umfrage der «Haaretz» den vom Führer der Arbeitspartei, Mitzna, propagierten unilateralen Abzug Israels aus dem Gazastreifen. Ebenso viele Befragte stimmen der Räumung von Siedlungen unter der Voraussetzung zu, dass dadurch mehr Gelder für soziale Zwecke frei werden. Über den Sinn von Verhandlungen mit Arafat befragt, sprach sich etwas mehr als die Hälfte gegen Gespräche mit dem Palästinenserführer aus, während etwa 40 Prozent sie befürworteten. Ausserdem wünschen 48 Prozent der Befragten eine Regierung der nationalen Einheit (bei den Befragten, die sich als Sympathisanten des Likud bezeichneten, waren es sogar 62 Prozent). Allerdings würden für die Minister der Arbeitspartei nicht viele interessante Ämter offen stehen, denn als Verteidigungsminister wird in der Umfrage Shaul Mofaz bevorzugt, während Netanyahu als der am meisten geeignete Aussenminister betrachtet wird.


Neue Zürcher Zeitung, Ressort Ausland, 30. November 2002Nr.279, Seite 7
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