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Der Bürgerkrieg in Sri Lanka
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Flagge + Hymne   Die Geschichte des Konfliktes

Um den Ursachen des seit den ersten Bombenanschlägen 1983 außer Kontrolle geratenen Konflikts auf Sri Lanka auf die Spur zu kommen, muss ein wenig weiter ausgeholt werden als bis zur Kolonialisierung durch die Briten.

Das Gebiet, das um die Halbinsel Jaffna herum gelegen ist, war seit jeher durch den hinduistischen Glauben geprägt. Nach der sich über 100 Jahre erstreckenden Einführung des Buddhismus 240 v. Chr. führten Streitereien unter verschiedenen Königreichen, die über die Insel verstreut waren, und der wachsende Druck Südindiens bis zum 13. Jahrhundert zum stetigen Verfall des Kernlandes. Zu dieser Zeit bildete sich im Norden ein hinduistisches Königreich mit der Halbinsel Jaffna als Zentrum. Es wurden überwiegend Reis und die Palmyra-Palme (Nahrung und Baustoff) angebaut. Die dortigen Tamilen lebten in einer Kastenstruktur, die höhere Kaste hatte die Kontrolle über die arbeitende niedere Kaste. Jede der beiden Kasten machte ca. 50 % des Königreiches aus.

Gegen Ende des 14. Jahrhunderts formierte sich im Südwesten der Insel ein singhalesisches Königreich, das Reich von Kotte. Durch den Anbau von Zimt war es in der Lage, regen Handel mit muslimischen Händlern zu treiben. Bereits zu dieser Zeit kam es zu Spannungen zwischen den beiden dominierenden Königreichen.

Durch die Schwächung des Nordens durch südindische Invasionen gelang schließlich die Eroberung durch das Reich von Kotte. Nach einer Zeit der Zwangsvereinigung entstand am Ende des 15. Jahrhunderts innerhalb des Reiches von Kotte in Kandy ein eigenes Reich.

Der erste intensivere Kontakt zu einer europäischen Großmacht erfolgte 1517, mit dem Bau eines Forts in der Nähe von Colombo durch die Portugiesen. Durch Einmischung in die Politik gelang ihnen über 10 Jahre hinweg die Kontrolle des Zimthandels. Weitere befestigte Häfen wurden an der Ostküste errichtet. Mit steigendem Unmut über die Ausbeutung des wertvollen Rohstoffs bemühte sich das Königshaus um eine Allianz mit der niederländischen Ostindiengesellschaft. Diese erkannte das Potenzial des Landes und übernahm im Kampf die portugiesischen Besatzungen. Bis 1658 blieben sie in niederländischer Hand.

Durch die Isolierung der einzelnen Kasten herrschte nun über 100 Jahre lang Ruhe. In Kandy, das durch die zentrale Lage im Hochland über keinen direkten Zugang zum Meer verfügte, konnten sich so keine Aufstände ausbreiten.

Vom 16. bis zum 18. Jahrhundert vollzog sich schrittweise eine Veränderung in den sozialen Strukturen. Durch die zwangsläufige Ausbreitung des Christentums durch die Besetzer sahen viele Tamilen, die den niederen Kasten angehörten, in selbigem eine Chance, ihrem schlechten Stand zu entfliehen. Gleichzeitig sahen die oberen Kasten eine Chance zur Teilhabe an den oberen Herrschaftsstrukturen. Man hatte sich an die Besatzer gewöhnt und wollte nun an deren Erfolg teilhaben, den sie ja offensichtlich mit dem Export der hergestellten Waren hatten. Während die Portugiesen in ihrer kurzen Herrschaftszeit kaum Einfluss auf die vorherrschenden Herrschaftsstrukturen nahmen, krempelten die Niederländer das Land großflächig um. Die Wirtschaft wurde nach europäischem Muster neu aufgebaut, es wurden Ämter eingerichtet, für die bis dato noch kein noch kein Bedarf bestanden hatte. Ein einheitliches Schul- und Justizsystem wurde aufgebaut. Die niederen Ämter wurden dabei bewusst auch an Mitglieder höherer Kasten vergeben.

Eine massive Schwächung der Niederlande erfolgte unmittelbar nach der französischen Revolution, das Land sah sich nun im Einzugsgebiet von Frankreich. Da Kandy sich seit 1766 um eine Allianz mit den Briten bemühte, war für die Briten nun der perfekte Zeitpunkt gekommen, die Insel zu übernehmen. 1796 erfolgte die Eroberung der Küstengebiete durch Großbritannien, teilweise gingen diese zurück an Kandy. 1801 war die gesamte Insel übernommen. Die erhoffte Befreiung gab es natürlich genauso wenig wie nach Einzug der Niederländer. Letztendlich hatte Kandy durch diesen "Tausch" einen schwachen gegen einen starken Gegner eingetauscht. Kandy selbst wurde 1818 von der Krone übernommen. Die Briten trieben nun eine massive Vereinheitlichung voran: die Straßen wurden ausgebaut, Justiz und Provinzen angepasst. Außerdem wurde der Handel mit Zimt abgeschafft. Nachdem Versuche des Kaffeeanbaus durch einen Schädling zunichte gemacht wurden, beschränkte man sich auf den Anbau von Tee, nach welchem die Nachfrage in Europa außerdem zu dieser Zeit stieg. Der Tee wurde mit einer solchen Rücksichtslosigkeit gegenüber den geltenden Gebräuchen in der Landwirtschaft angebaut, dass viele Bauern ihre Arbeit aufgeben mussten; der Lebensstandard der niederen Kasten sank enorm.

Ab 1931 wurde das allgemeine Wahlrecht eingeführt, mit dem Blick auf einen sich selbst regierenden Staat. Die drei großen Parteien waren:

  • für die singhalesische Seite die "United National Party" (UNP),
  • für die tamilische Seite der "Tamil Congress" (TC) für die Alteingesessenen, sowie der "Ceylon Indian Congress" (CIC) für die Gastarbeiter.

Nach der offiziellen Unabhängigkeit 1948, die friedlich vonstatten ging, wurde die erste Regierung von der UNP und der TC gebildet. Da seit Mitte des 18. Jahrhunderts eine rege Zuwanderung durch tamilische Plantagenarbeiter stattfand, traten zwei neue Gesetzte in Kraft, die die zugewanderten Tamilen zu Ausländern erklärten. Bis August 1951 konnte eine Einbürgerung beantragt werden, Voraussetzung waren mindestens 10 Jahre Aufenthalt bis 1946. Den Nachweis sollten Arbeitsverträge aus dieser Zeit erbringen, deren Beschaffung natürlich für die meisten Tamilen ein Problem darstellte. Kurz vor Bewerbungsschluss organisierte die CIC in einer ihrer letzten großen Aktionen eine groß angelegte Antragsabgabe. Die Bearbeitung dauerte bis 1963 an, bis dahin waren die Antragssteller von den Wahlen ausgeschlossen.

Einem Sechstel der Anträge wurde schließlich stattgegeben, dadurch verloren 8 % der Inselbevölkerung und 50 % der tamilischen Bevölkerung ihre Bürgerrechte. Die Indisch-Sri-Lankischen Beziehungen wurden durch die 800 000 eingewanderten Tamilen, die nun keine Heimat mehr hatten, bis in die 80er Jahre belastet. 1956 erfolgte die Ablösung der UNP-Regierungen durch die "Sri Lanka Freedom Party" (SLFP). Fortan erfuhren die Ceylon-Tamilen viel Diskriminierung, an oberster Stelle steht da sicher die Einführung von Sinhala als alleiniger Amtssprache. Sinhala ist schwer zu erlernen, für die noch im Staatsdienst lebenden Tamilen stellte dieser Umstand en kaum zu überwindendes Hindernis dar. Die Singhalesen auf er anderen Seite hatten mit dem Wechsel der Amtssprache kaum Probleme, war Sinhala doch seit jeher ihre Muttersprache. Tamil als Muttersprache der Tamilen verlor an Bedeutung. Weitere Unternehmungen, die Tamilen aus dem Staatsdienst zurückzudrängen, bestanden aus Schließungen und Verstaatlichungen von Privatschulen, dem Beförderungsstopp für tamilische Beamte und der Aufstockung von Militär und Polizei durch ausschließlich singhalesisches Personal.

Die neue Verfassung von 1971 unter der SLFP machte Ceylon zur Republik Sri Lanka; die Verfassung ist heute noch in Kraft.

Ein Aufstand der "Janata Vimakthi Peramuna" (JVP, auf deutsch etwa "Volksbefreiungsfront"), einer Organisation mit fremdenfeindlicher, pseudomarxistischer und antiimperialistischer Programmatik, bot in den Jahren zwischen 1968 und1989 den Auftakt zu weiteren Terroranschlägen, überwiegend im Südwesten. Ausschlaggebend war die allgemein schlechte Wirtschaftslage. Der Aufstand wurde durch die SLFP mit Unterstützung Indiens niedergeschlagen.

Anfang der 70er Jahre schlossen sich die tamilischen Parteien zur "Tamil United Liberation Front" (TULF) zusammen. Ziel war das Recht auf einen eigenen Tamilenstaat (Tamil Eelan).

1977 gewann die UNP mit entscheidender Mehrheit die Parlamentswahlen, die TULF stellte die stärkste Oppositionspartei dar. 1978 wurde das Präsidialsystem eingeführt. Die ohnehin aggressive Stimmung eskalierte schließlich in einem Anschlag auf einen Militärposten durch die "Liberation Tigers of Tamil Eelan" (LTTE). Die LTTE besteht aus tamilischen Untergrundkämpfern, bis 1986 hatte diese Gruppe die Vorherrschaft gegen die Konkurrenz anderer, kleinerer Gruppen erreicht. Fortan steht Sri Lanka im offenen Bürgerkrieg.

Eine Lösung des Konflikts, wie sie von der TULF und teilweise auch von der UNP und der SLFP angestrebt wird, ist durch die abwehrende Haltung seitens der LTTE nicht in Sicht. Verhandlungslösungen werden sabotiert.

Bis 1986 hatte die LTTE die gesamte Jaffna-Halbinsel sowie Teile der Nordzentral- und Ostprovinz erobert.

Ein von indischer Seite her angestrebtes UN-Mandat mit Zustimmung der Sri Lankischen Regierung brachte Friedenstruppen nach Sri Lanka, jedoch gerieten diese zwischen die Fronten und verfehlten ihren Auftrag. Ab 1989 wurden sie zurückgezogen. 1990 erfolgte ein zweiter, erfolgloser Versuch zu Friedensgesprächen. Im März 1991, nach dem vollständigen Abzug der Friedenstruppen, verschärfte sich der Bürgerkrieg erneut, der indische Premierminister Rajiv Gandhi kam bei einem Attentat eines LTTE Selbstmordkommandos ums Leben. 1993 wurde der Sri Lankische Präsident Ranasinghe Premadasa von einer Bombe der LTTE getötet. Der dritte Anlauf zu Friedensgesprächen 1994 scheiterte. Bis Dezember 1995 gelang es schließlich den Regierungstruppen, das Herzstück des tamilischen Landstriches, die Jaffna-Halbinsel, zurückzuerobern, jedoch sind die Mitglieder der LTTE wieder auf dem Vormarsch. 1996 überfiel die LTTE ein Armeelager und tötete 1200 Soldaten. Im April 2000 eroberten sie den Elefantenpass (strategisch wichtige Landverbindung zwischen dem Sri Lankischem Festland und der Jaffna-Halbinsel), im Mai nahmen sie die Vororte Jaffnas ein.

Insgesamt hat der blutige Bürgerkrieg bisher rund 55 000 Menschen das Leben gekostet.